Projekt Flamenco
Nurflügel-Elektrosegler
1998 - 2020

Flamenco im Jahre 2016

Technische Daten

Spannweite:
Fläche:
Profil:
Antrieb:
Akku:
Luftschraube:
Gewicht:

1550 mm
46 qdm
CJ-3309
BOOST 18 (Pichler)
Lipoly 3x2100 mAh
11x8
880g

Vorstellung

Darf ich mich vorstellen?: Flamenco heiße ich - und ich bin nicht mehr der Jüngste. Im Laufe meiner Jahre habe ich neue Flächen gebraucht und mein Rumpf ist bereits der dritte. Ich wurde sehr oft umgebaut, mein jetziger Rumpf war jahrelang an das Brett ausgeliehen. Die Narben davon trage ich überall. Trotzdem bin ich so etwas wie der Liebling meines Erbauers.

Ich bin kein Pfeil-Nurflügel, auch wenn es so aussieht. Meine Tragfläche besitzt das Profil CJ-3309 aus den Anfängen der Entwicklung von ferngesteuerten Nurflüglern. Daher bin ich in die Kategorie der fliegenden Bretter einzuordnen. Dieses Profil stellte sich damals heraus als geeignet für größere Flächenbelastungen und es liefert auch bei etwas schnellerer Fluggeschwindigkeit genügend Leistung. Daher ist es gut für Thermiksegler und so einer bin ich. Aufgrund meiner kompakten Maße bin ich sehr wendig, aber trotzdem nicht nervös. Der gute Gleitwinkel bringt meinen Erbauer bei den Landungen so manches Mal ins Schwitzen, denn ich habe, außer den beiden Rudern in der Tragfläche, keinerlei Klappen. Trotzdem fliege ich in starker Thermik nicht weg. Es reicht ein Kopeister in den Rückenflug und dann Schnellflug, um schon geht es wie im Fahrstuhl abwärts. Apropos Rückenflug: Kunstflug ist nicht so mein Ding. Zwar gehen auch Rollen, wenn man mich zwingt, jedoch enden diese meist in einem doofen Geeiere. Was ich jedoch gut kann ist kreisen. Eng kreisen! Noch enger kreisen! Auf der Flügelspitze drehen, wenn es sein muss! Das geht, weil mein Erbauer meiner Tragfläche eine deutliche Schränkung verpasst hat. Macht man normalerweise bei Brettern nicht, aber bei mir bewirkt es Gutmütigkeit und innere Ruhe. Ich schmiere niemals ab! Wenn es mir zu langsam wird, sacke ich durch. So gelingen Landungen meist in der Nähe der geplanten Stelle. Oft genug jedoch packt es mein Erbauer, der Depp, aber doch nicht und wirft den Motor zum Durchstarten an. Immerhin passt er auf, dass immer genügend Energie für ein solches Manöver im Akku ist.

Ich bin leicht! Ich soll ja fliegen und Backsteine fliegen nun einmal nur in Backsteinthermik. Allerdings hat mein Erbauer bei meiner jetzigen Tragfläche, der zweiten, ein wenig zuviel des Guten gespart. Glücklicherweise weiß er das und unterlässt es, irgendwelche Manöver zu fliegen, die meine strukturelle Belastbarkeit auf die Probe stellen. Er versucht mich oben zu halten. Lange oben zu halten! Bei passenden Wetter gelingt ihm das ganz gut. Es gelingt ihm auch deshalb, weil ein Variometer in meinem Rumpf zu ihm am Boden funkt. Eine nette Frauenstimme informiert regelmäßig über Flughöhe und Akkuspannung. Pfeifen und Brummeln zeigen Steigen oder Fallen an.

Ich bin stark! OK - stark genug. Seitdem ich mit bürstenlosen Motoren und Lipoly-Akkus fliege, geht es beim Steigflug steil nach oben. Senkrecht geht es nicht, muss es aber auch nicht. Starten kann man mich daher fast überall. Aber fliegen heißt landen und das Thema Platzbedarf dafür hatte ich schon erwähnt. Wenn mal keine Thermik ist, kann ich mit einer Akkuladung fast eine dreiviertel Stunde oben bleiben. Meist verliert mein Erbauer jedoch bereits vorher die Nerven - das Durchstarten bei der Landung ...

Ich heiße Flamenco, weil all das so gelobte Flugverhalten nicht immer so gut war. In meiner Jugend war es ein Kampf mit mir. Eine mir bekannte Dame taufte mich deshalb auf Flamenco. Dabei blieb es.

Plan

Historisches

Über Flamenco gibt es eine ausführliche Geschichte. Wem das zuviel Text ist, hier im Telegrammstil:

Ausgangspunkt war 1998 ein Baukasten von einem Robbe-Geier, den ich jedoch stark modifizierte. Die robuste übergewichtige Fläche wurde teilbar gebaut, den übergewichtigen Antrieb und übergewichtigen Rumpf habe ich gar nicht erst verwendet.

Diese erste Version hatte Winglets. Erst nach vielen Motorisierungsversuchen ergaben sich flugzeugähnliche Verhältnisse. Leider war der Rumpf für den gefundenen Antrieb zu kurz. Nach folgenschwerem Absturz im Landeanflug wurde Rumpf Nummer zwei mit längerer Nase gebaut. Die Tragfläche war dann doch nicht so robust, dass sie den Aufprall in eine Schweizer Hochspannungsleitung wegsteckte. Die neue Tragfläche bekam ein moderneres Profil (moderner als das alte Eppler vom Geier) und wurden sehr gewichtsoptimiert gebaut, was leider zu Lasten der mechanischen Stabilität ging. Die ultra-leichten Flächen führten wieder zu Schwierigkeiten bei der Schwerpunkteinstellung mit vorhandenen Rumpf. Diesmal war der Rumpf zu lang. Immer noch mit Winglets und statt Motor mit Schleppkupplung ausgerüstet, habe ich eine Weile von Starts per F-Schlepp geträumt, aber selten durchgeführt. Der wirkliche Durchbruch kam erst mit dem Bau des dritten Rumpfes, Ende des Jahres 2000. Dieser hatte eine Flosse. Die Winglets wurden entfernt. Die Fläche wehrte sich nicht gegen eine eingebügelte satte Schränkung. Plötzlich hatte ich ein ganz anderes Flugzeug. Alle Schwammigkeit, an die ich mich inzwischen gewöhnt hatte, war verschwunden. Zwei Jahre flog ich glücklich, dann wurden die Flächen vom Brett fertig. Flamencos Rumpf wurde dafür ausgeliehen und Flamencos Tragfläche lag untätig herum. Erst als 2010 das Brett endlich einen eigenen Rumpf bekam, fanden Flamencos Fläche und Rumpf wieder zusammen. Allerdings war der Antrieb bald darauf verschlissen und wurde durch einen bürstenlosen Außenläufer ersetzt, der glücklicherweise in den Rumpf passte. Ein neues Schwerpunktproblem entstand dadurch, oh Wunder, nicht. Der Flugakku liegt fast im Schwerpunkt und kann dank zweier Öffnungsklappen im Rumpf unter die Steckungsaufnahme reingefummelt werden.

Flamenco wird so schnell nicht in den Ruhestand gehen. Allerdings könnte ein Nachfolger ihm den Rang des Lieblingsfliegers abnehmen. Mal sehen ...

Bauweise

Flamenco ist ein ganz gewöhnlicher Holzflieger mit Tragfläche in Holm-Rippe. Als Holme werden 8x3 mm Kiefernleisten verwendet. Zwischen Nasenleiste und Holm ist die Tragfläche nur auf der Oberseite beplankt. Unten ist nur ein Streifen Beplankung hinter der Nasenleiste. Zu Anfang waren sogar die Holme nicht verkastet. Beides ist eine schlechte Idee! Damit eine Tragfläche ausreichend verdreh-steif wird, müssen obere und untere Beplankung und Verkastung ein Rohr bilden, was die Verdrehkräfte aufnimmt. Hier Gewicht sparen zu wollen, ist ziemlich dumm. Die Flächensteckung besteht aus einem hinten liegenden Kohlefaserrohr mit 8 mm Durchmesser und einem Kohlefaserstab mit 7 mm Durchmesser - die in passenden Alu-Rohren liegen - und einer Verdrehsicherung ganz hinten in Form eines 2 mm Stahldrahtes. Dies ist den vielen Umbaumaßnahmen geschuldet. Besser wäre ein einziger 8 mm Stab plus Verdrehsicherung.

Der abgerundete Kastenrumpf aus 5mm Balsabrettern ist an wichtigen Stellen verstärkt. Der Motorspant besteht aus 3mm Flugzeugsperrholz. Die Leisten für die Flosse sind aus 5mm Balsa geschnitten.

Alles weitere kann unten aus den Bildern vom Ist-Zustand entnommen werden. Jedes enthält nochmals einen ausführlichen Kommentar. Wer keine Vorstellung hat, wie solche Flieger aus Holz gebaut werden, dem seien die Bilder vom Bau von Rumba oder Condor empfohlen.

Prinzipiell kann ich einen Nachbau durchaus empfehlen. Man erhält einen kompakten und sehr agilen Flieger, der trotzdem einfach zu steuern ist. Selbst das CJ-Profil ist immernoch empfehlenswert, zumal einfach zu bauen, wegen der langen geraden Unterseite. Man könnte darüber nachdenken, die Ruder bis zum Flächenende zu führen. Andererseits ist das feststehende Flächenende robust gegen unbeabsichtigte Stöße.

Es wird keine aufwendige Fernsteuerung benötigt. Lediglich ein Delta-Mischer muss zur Ansteuerung der beiden Servos vorhanden sein. Der Flieger lässt sich gut im Rucksack oder in Fahrradtaschen transportieren. Wenn es etwas mehr Spannweite sein darf, sollte man sich mal meine Rumba ansehen.

Statt eines Nachrufs

Am 30. März 2019 war schönes Flugwetter und strahlend blauer Himmel. Kein Wölkchen vor der Sonne. Was mich geritten hatte, durch diese Sonne zu fliegen, weiß ich bis heute nicht. Jedenfalls kam Flamenco eine ganze Zeit nicht wieder heraus. Auf einmal fingen Spaziergänger an zu rufen und wild zu gestikulieren. "Höhe 32 Meter" war das letzte, was mir die Vario-Stimme verkündete. Dann war Stille im Ohrhörer. Zum Glück konnten mir die Spaziergänger recht genau die Stelle des Absturzes beschreiben. Nach kurzer Suche hab' ich ihn gefunden.

Ich brauchte bis Oktober, um den Entschluss zu fassen: Flamenco wird wieder fliegen. Ja!

Der Rumpf war relativ schnell wiederhergestellt. Die Bruchstellen konnte ich mit ausgiebig Leim wieder zusammendrücken. Das herausgebrochen Stück Tragfläche war dagegen schwierig zu flicken. Ich musste neue Teilrippen herstellen, Nasenleiste und Beplankung anbringen und alles in Form schleifen. Die ursprüngliche Profilform werde ich nur in etwa getroffen haben. Fürs Fliegen muss es so reichen. Auch nach dem Aufbringen der Folie erkennt man den Schaden noch am Flicken an der linken Tragfläche.

Zwischen November 2019 und Februar 2020 mussten die Restaurationsarbeiten ruhen. Anfang März, also fast ein Jahr nach dem "Vorfall", war Flamenco wieder flugbereit. Nur die noch fehlenden Deckel für den Rumpf habe ich nicht wieder finden können und habe kurzerhand neue gebaut. Auf Wetter brauchte ich nicht lange zu warten. Mitte März und inmitten der Corona-Krise flog Flamenco, als hätte er nur darauf gewartet, wieder Luft unter die Tragfläche zu bekommen.