Weilmünster: Trennungsbahnhof mit Vorbildbezug
Ein Gastbeitrag von Maximilian Manderla

In hatte mich vor längerem recht kritisch zum Thema Selbstbau von Gleisen und Weichen geäußert und vor den Schwierigkeiten gewarnt. Hier haben wir jedoch jemanden, der es wirklich kann, und seine Vorgehensweise im FREMO-internen Forum ausführlich beschrieben hat. Freundlicherweise hat mir Max erlaubt, seinen Beitrag hier als Kopie der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Bemerkenswert finde ich vor allem die Vorrichtungen, die für eine exakte Herstellung notwendig sind. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort kommen.

Hallo zusammen,

nach einigen Monaten Modellbau-Abstinenz möchte ich diesen Faden wieder aufnehmen und vom Gleis- und Weichenselbstbau in Weilmünster berichten.

Wenn es einen Wiedereinstieg in 1:160 geben sollte, war mir seit langem klar, dass ich es mit dem Gleisselbstbau zumindest versuchen wollte. Zu verlockend erschienen mir die eleganten Linienführungen sowie die niedrigen Profile in Code 40.

Als kritischer Punkt für einen erfolgreichen Modulbau mit Selbstbau-Gleis erschien mir von Beginn an der Bau der vielfältigen Weichenformen zu sein. Ich habe diese Arbeiten daher bewusst an den Anfang gestellt, um einem Scheitern in spätem Stadium vorzubeugen. Im aktuellen Beitrag möchte ich daher von den gemachten Erfahrungen berichten, und euch mein Vorgehen etwas näher bringen. Sicher gibt es an der einen oder anderen Stelle noch Verbesserungspotential. Vorschläge sind jederzeit erwünscht.

Nun macht es allerdings keinen Sinn, hier auf der grünen Wiese zu beginnen und alles von null an zu beschreiben, da es hier tolle Kollegen gibt, die ihre Arbeiten bereits gut dokumentiert haben. Hilfreiche Quellen mit detaillierten Beschreibungen finden sich beispielsweise bei @jens.emmermann unter http://www.raw-nette.de/ und @henk.oversloot unter http://www.fs160.eu/. Ich würde mich daher im Folgenden beschränken auf meine spezifische Vorgehensweise, ein paar Erweiterungen und den Bau einiger Vorrichtungen, die ich genutzt habe. Eine umfangreichere Beschreibung der Vorgehensweise aus meiner Vor-FREMO-Zeit findet sich außerdem unter Stummiforum - Weilmünster.

Wie bereits oben beschrieben, bin ich nicht im Besitz eines maßstäblichen, unverzerrten Gleisplans oder konkreten Weichenbauarten. Was im Vordergrund steht, ist die Darstellung einer Gleisgeometrie, wie sie beim Vorbild denkbar gewesen wäre. Auf Basis der standardisierten Reichsbahnweichen entstand schließlich der Gleisplan in 1:160 . Für die konkrete Umsetzung der Weichenbauarten habe ich das Werk "Reichsbahnweichen und Reichsbahnbogenweichen" von Reichsbahndirektor Prof. Hartmann aus dem Jahre 1940 als Basis herangezogen. Auch für Nicht-Gleisselbstbauer lesenswert, wie ich finde.
Auf Basis der sehr guten geometrischen Beschreibungen habe ich Weichengeometrien in Form der Gleismittelachsen und Schienenprofile in CAD nachgebildet und den oben dargestellten Gleisplan entwickelt.

Wiederum unter Zuhilfenahme eines CAD-Systems entstanden anschließend die Schwellenpläne der benötigten Weichenformen. Nachstehend eine einfache Weiche mit 190m Radius und Abzweigwinkel von 1:9 (EW190 1:9) in ihrer Grundform als Schwellenplan und "Fertigprodukt".

Zum konkreten Vorgehen beim Bau ein paar Anmerkungen im einzelnen: Die Schwellen aus kupferkaschiertem Hartpapier wurden einzeln ausgesägt.

Die Schwellen werden anschließend mittels Sprühkleber auf die holzunterlegten Schwellenpläne aufgeklebt. Die üblichen Sprühkleber haben den Vorteil, dass sich die fertige Weiche später durch moderaten Wärmeeintrag, z.B. mittels Fön, wieder von der Bauunterlage ablösen lässt. Für des Feilen der Gleisprofile hat sich ein einfaches Holzbrettchen als hilfreich erwiesen, auf das ich entlang einer geraden Linie ein 0,5mm starkes Furnierholz aufgeleimt habe. An der Kante lassen sich z.B. die Backenschienen sehr gut anlegen um so den Schienenfuß zu befeilen.

Für den optischen Eindruck der einfachen Weichen ist es wichtig, dass der gerade Strang auch wirklich exakt gerade ist und keine Wellen oder Verwerfungen aufweist. Unter Verwendung eines Stahllineals habe ich daher stets mit dem Auflöten der geraden Backenschiene begonnen.

Um möglichst exakte Herzstücke herzustellen, habe ich mir für verschiedene Herzstückwinkel entsprechende Vorrichtungen gebaut, die sowohl das Schleifen an einer Tellerschleifmaschine als auch das Zusammenlöten der beiden Schienenprofile erlauben.

Um einen labilen, überhängenden Schienenkopf an der Herzstückspitze zu vermeiden, wird dieser noch vor dem Verlöten noch etwas gekürzt und anschließend das gesamte Herzstück mit den Schablonen von mago-finescale aufgelötet.

Die Weichenzungen gehören nach meiner Erfahrung zu den kritischsten Bauteilen, da sie, sofern sie anliegen, für einen möglichst weichen Lauf sorgen und, sofern sie abliegen, die Spurkränze nicht behindern sollen. Um einen möglichst gleichmäßigen Verlauf der Biegesteifigkeit über die Länge zu erreichen, habe ich mir zum Schleifen wiederum eine kleine Vorrichtung gebaut.

Anhand der gekrümmten Bogenschablone von Mago wird das Profil ausgerichtet und anschließend von oben über die Rändelschrauben zwischen zwei Holzplatten verspannt, über die es entsprechend der Krümmung kontinuierlich bis zum Maximum an der Zungenspitze hinausläuft. Nach dem Schleifen am Tellerschleifer sieht das Ganze dann so aus.

Nach verschiedenen Experimenten habe ich mich bei der Stellschwelle schließlich für die Unterflurvariante von Jens Emmermann entschieden. Sie lässt sich einfach fertigen und vermeidet Torsionsmomente auf den Lötverbindungen zu den Weichenzungen.

Da die nördliche Bahnhofseinfahrt von Weilmünster im Gleisbogen liegt, habe ich hier zwei Bogenweichen eingeplant. Im konkreten Fall zwei zu Innenbogenweichen gekrümmte EW 500 1:12. Diese wurden so geplant, dass das mittlere Durchgangsgleis einen konstanten durchgehenden Radius aufweist. Da somit je ein Gleis nach innen sowie nach außen abzweigt, ergeben sich zwei unterschiedliche Weichenkrümmungen. Die Schwierigkeit bestand im Wesentlichen in der Herstellung der zugehörigen Schwellenpläne. Im Gegensatz zu den Regelweichen mit geradem Stammgleis, habe ich mich entschieden, hierfür ein parametrisches CAD-Modell zu erstellen. Der freie Parameter ist hierbei der Radius des Zweiggleises. Dieser lässt sich nun frei vorgeben. Die gesamte Weiche inklusive jeder einzelnen Schwelle "biegt" sich dabei automatisch mit. Sofern die Linienstärke in der Breite des Schienenfußes gewählt wird, lässt sich auch in diesem Fall die erste und alles weitere festlegende Backenschiene recht ordentlich positionieren.

Bis heute eine Herausforderung ist der Bau von Kreuzungsweichen. Die DKW 190 1:9, die in Weilmünster verbaut ist, ist nachfolgend abgebildet.

Obwohl der Betrieb bei den bisherigen Treffen und den eingesetzten (meist) Drehgestelllokomotiven störungsfrei lief, bin ich mit den Doppelherzstücken für das vorgesehene Rad-Schiene-System N-RE nicht 100%ig zufrieden. Eigene Versuche mit Dampflokomotiven (insbesondere solchen mit Vorlaufachsen und/oder Schlepptender) zeigen teilweise Schwächen der Doppelherzstücke, sobald die Radsätze der Lokomotive nicht exakt gerade ausgerichtet sind. Eine Zwangsführung ist durch die großen Rillenmaße nicht mehr sichergestellt. Sollte ich die Weiche in Zukunft tauschen oder eine weitere Betriebsstelle bauen, würde ich mich an das Vorgehen von Rolf Weinert (1:87) anlehnen und vorbildabweichend eine Zwangsführung durch zusätzliche, bewegliche Herzstückspitzen im Stile eine Flachkreuzung vorsehen. Ich habe das ganze schon mal ausprobiert und ein Testexemplar gebaut, was einen zufriedenstellenden Eindruck macht.

Hier nochmal alle Weichen für den ersten Bauabschnitt von Weilmünster auf einen Blick. (Die Stellschwellen wurden später durch die oben beschriebene Konstruktion ersetzt.)

In der Zwischenzeit wurden zudem auch die beiden Segmente fünf und sechs fertiggestellt, sodass Weilmünster nun auch vorbildgerecht als Trennungsbahnhof eingesetzt werden kann. Zum Abschluss ein paar Bilder vom Himmelfahrtstreffen in Hanau-Großauheim vom Mai dieses Jahres.

Eine Rangiereinheit am nördlichen Bahnhofskopf,

die neue Verzweigung am südlichen Bahnhofskopf mit dem Viadukt im Bogen sowie der Stahlträgerbrücke im Vordergrund

sowie zwei Übersichtsbilder über die Gleisanlagen.

Ich freue mich auf kommende Treffen.

Beste Grüße
Max