Clarky

oder auch:
Der Versuch, einer Multiplex Funcub mehr Manieren beizubringen.
Vorgeschichte dazu siehe: Funcub.

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Das Problem

Als ich im Jahre 2022 mit meiner neu erworbenen Multiplex Funcub begann, Starts und Landungen auf wenig Fläche zu trainieren (sogenannte STOL-Fliegerei), hat mich das Fluggerät ziemlich enttäuscht. Die Erwartungen, damit langsame Landeanflüge mit anschließender Punktlandung durchführen zu können, erfüllten sich auch nach viel Training nicht in dem Maße, wie ich es mir gewünscht hätte. Zwar ist die Funcub im Vergleich zu anderen ähnlichen Fliegern nicht übermäßig schwer, jedoch auch kein Leichtgewicht. Die Mindestgeschwindigkeit vor dem Strömungsabriss ist mir einfach zu hoch. Ein Strömungsabriss war fast immer verbunden mit einem Abschmierer, also einer Drehung um die Längsachse. Gutmütig ist anders!

Außerdem hatte ich den Eindruck, dass beim Durchfliegen bereits kleiner Verwirbelungen die Fuhre unruhig, ja giftig, wird. Das Profil scheint wenig Reserven zu haben. Flüge und Landungen bei Wind waren immer eine Zitterpartie.

Der Versuch einer Lösung

Flächenbelastung dramatisch verringern, wäre eine sinnvolle Maßnahme. Einen neuen Flieger in Leichtbauweise zu konstruieren und zu bauen, ist mir jedoch zu aufwendig. Geeignete Baukästen ergeben ähnliche Gewichte und Flächenbelastungen für den fertigen Flieger an. Es ist daher die Frage, ob ich tatsächlich eine deutlich leichtere Konstruktion schaffen kann. Wenn also am Gewicht kaum gedreht werden kann, will ich zumindest herausfinden, ob ein auftriebstärkeres und unkritischeres Profil eine signifikante Verbesserung bringen kann. Also nur eine neue Tragfläche bauen? Der Aufwand hielte sich in Grenzen und wenn mir danach ist, könnte ich später dafür einen leichteren Rumpf bauen.

Ich beschloss, zunächst eine Tragfläche zu bauen, die anstelle der Originalfläche montiert werden kann. Gleiche Form und Größe. Keine Landeklappen. Profil Clark-Y. Warum Clark-Y? Weil es a) einen sehr hohen Auftrieb liefern kann und b) den Ruf hat, gnadenlos gutmütig zu sein.

Im August 2024 ging es los.


Hier sieht man, wie die geschäumten Flächenteile am geschäumten Rumpf befestigt werden. Die Tragflächenhälften haben eine Verdickung an der Wurzel und der Rumpf eine Vertiefung. Für eine selbstgebaute Tragfläche in Holm-Rippe muss da etwas anderes her. In die Vertiefung kommt als Adapter eine Art Pylon, an dem die neuen Flächenhälften angesteckt werden.

Die beiden Löcher für die Befestigungsschrauben müssen sehr genau positioniert sein, damit das Teil wirklich rechtwinklig auf dem Rumpf liegt. Koordinaten-Bohren mit der Fräse ist dafür eine große Hilfe.

Durch den Schlitz zwischen den beiden Steckungsrohren geht später ein in die Wurzelrippe der Tragflächenhälfte eingeschraubter Haken. Im Inneren werden die Flächen per Gummiring zusammengezogen.

Der Adapter, hier noch unbeplankt, sitzt zur Probe in der Vertiefung im Rumpf. Passt soweit.

Ich habe keine Dokumentation von Multiplex über die Pin-Belegung der Verbindungsstecker finden können. Also gilt es messen und ausprobieren. Im Bild der Anschluss für das Querruder, Impulsleitung ganz links. Der Pin ganz rechts wäre Impuls für Landeklappe, bleibt jedoch frei. Die Pins der beiden Stecker für die rechte und linke Tragfläche hat Multiplex sinnvollerweise gleich belegt.

Die Beplankung aus 2 mm Balsa wird auf den Adapter gezogen. Vorne ist das Holz gewässert worden, damit es sich dort enger biegen lässt.

Adapter einsatzbereit. Die beiden Steckungsstäbe sind zur Demonstration schon eingesteckt. Eine Bespannung mit Folie kommt später, wenn die Tragfläche soweit ist.

Die Steckung besteht aus 2 Kohlefaserstäben von 8 mm Durchmesser. Das ist vermutlich überdimensioniert, ich wollte jedoch auf Nummer sicher gehen, denn ein einzelner solcher Steckungsstab hatte sich bei dem ähnlich schweren Nurflügler Rumba als zu schwach erwiesen, sodass ich dort mühsam einen zweiten Stab nachrüsten musste.

Die Tragfläche selbst war im August 2024 bereits konstruiert. Klassische Holm-Rippen-Bauweise, mit Endleiste als Beplankungsteil ausgeführt, da es keine fertige mit den richtigen Abmessungen für das Clark-Y zu kaufen gibt. In der Darstellung fehlen die Randbögen, weil die Konstruktionssoftware so etwas nicht kann. Macht aber nichts. Die kann ich im exportieren DXF einfach ergänzen.

(Auf der Suche nach einem Nachfolger für meine ur-alte Software, die mir die Rippen für die Tragfläche erzeugen kann, bin ich vor kurzem bei Wing Helper gelandet. Ich kann die Software nur wärmstens empfehlen! Mit der kostenlosen 30-Tage-Lizenz habe ich die Tragfläche konstruieren können, ohne auch nur eine einzige Zeile Anleitung gelesen zu haben. Die Software ich übersichtlich und lässt sich intuitiv bedienen. Inzwischen habe ich eine Voll-Lizenz erworben, da dies die zukünftige Basis für meine Konstruktionen sein wird. Durch den Export nach DXF lassen sich Details per CAD-Programm problemlos im Nachhinein einfügen.)

Nach mehrmonatiger Pause ging es dann im Frühjahr 2025 endlich los mit dem Bau der eigentlichen Tragfläche. Hier entstehen die Rippen im klassischen Blockverfahren aus 2 mm starken Balsa.

Rippensatz fertig. Oben die Schablonen. Nach unten fortsetzend die Varianten von der Wurzelrippe bis zum Ende der Tragfläche mit den entsprechend der Position anderen Ausschnitten und Öffnungen. Die Querruder werden später aus der fertigen Tragfläche heraus getrennt. Da braucht in den Rippen zunächst nichts berücksichtigt werden.

Jetzt kann der eigentliche Bau der Tragfläche beginnen.

Pins kann man nie genug haben. Meist sind es viel zu wenige .... Gewichte auch nicht 😊

Noch ist die Tragfläche unfertig, jedoch ist die Verkabelung der Servos bereits erledigt. Auch die Verbindungsstecker zum Empfänger sind angelötet. Zeit für einen Funktionstest mit montierter Fläche. Das Bild zeigt anschaulich, wie die Tragfläche mit Hilfe des Adapters auf dem Rumpf sitzt.

Und auch der Sender kann bereits für die neue Tragfläche programmiert werden. Es stellte sich heraus, dass eine Kopie der Einstellungen von der Funcub bereits Querruderausschläge in die richtige Richtung ergibt. Es brauchte nur die Höhenruderkompensation der Landeklappen abgeschaltet werden (wegen nicht vorhandener Landeklappen). Im Flugbetrieb wird später die Neutral-Lage vom Höhenruder noch einzustellen sein, denn diese ist bei der Funcub ebenfalls von der Stellung des Gebers der Landeklappen abhängig.

Eine Gewichtskontrolle ergab jetzt bereits mehr als 300g, inklusive Servos. Heißt also, dass ich im Vergleich zur Originalfläche (390g) kaum Gewicht sparen werde. Verbaut sind übrigens 2 Servos HS-80. Ich halte die in der originalen Fläche verbauten 9-g-Servos für unterdimensioniert.

Die Ohren, oder eigentlich die Randbögen, sind angebracht. Die obere vordere Beplankung wird aufgezogen. Noch fehlt die vordere Nasenleiste, der Rest der Beplankung, usw.usf.

Die Rohbau der Tragfläche ist soweit fertig. Kleinere Feinheiten im Endschliff fehlen noch. Querruder müssen noch ausgeschnitten werden. Halterung für die Streben fehlt ebenfalls noch.

Klar, dass die Halterung für die Streben genau an der Stelle sein muss, wo sich die Servo-Abdeckungen befinden 😞 Andererseits: Der Servo-Rahmen ist vermutlich eine günstige Stelle für die Krafteinleitung. Ich möchte die Halterung so platzieren, dass die Streben nicht verstellt werden müssen, wenn man zwischen Holz- und Schaum-Fläche wechselt. Immerhin muss die Halterung auf beiden Seiten fast auf den Millimeter genau an die gleiche Stelle der Spannweite. Heißt also: Die neue Tragfläche sitzt ziemlich genau mittig und wohl auch rechtwinklig.

Wohl dem, der eine Fräse hat, denn er kann zwei identische Strebenhalterungen aus 2 mm starken Polystyrol fräsen. Auch die 2 mm breiten Schlitze, mit denen sie im Servo-Rahmen eingelassen werden, sollen mit der Fräse eingebracht werden. Da wird es noch spannend, die Tragfläche darauf zu spannen.

Es wurde tatsächlich spannend, jedoch anders. Die Reichweite meiner Proxxon FF 230 reichte leider nicht aus, um den Abstand Nasenleiste zum Schlitz zu überbrücken. Also musste eine andere Lösung her: Fräsvorsatz plus Parallelanschlag für die kleine Proxxon Bohrmaschine. Gut justiert und in drei Durchgängen sehr vorsichtig immer tiefer gefräst. Die Tragfläche wurde dafür über Kopf an einer Kante festgespannt. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Eingeklebt werden die Halterungen jedoch erst unmittelbar vor dem Bespannen, wenn alle Schleifarbeiten wirklich abgeschlossen sind.

Bespannfolie ist drauf. Einer der letzten Handgriffe war es, die Ruderanlenkung anzubringen. Im Bild sieht man sehr schön den "Knoten" von Servoabdeckung, Strebenhalterung und Strebe. Jetzt noch Haken in die Wurzelrippen schrauben, für den Verbindungsgummi, der durch den Tragflächenadapter läuft. Dann könnte ein Testflug starten, wenn da nicht das Gras noch hoch auf der Flugwiese stehen würde. Es ist Juni und die nächsten Tage soll das Wetter heiß und trocken werden. Die Bauern sind bereits fleißig am Heu machen. Irgendwann demnächst wird hoffentlich auch mein Startplatz dran sein.

Ein Blick von unten in den Adapter zeigt den Verbindungsgummi, der die Flächenhälften zusammenzieht. Es sind 3 Stränge aus gewöhnlichen Haushaltsgummi mit 40 mm Durchmesser (Man bekommt diese Gummis in Packungen sortiert nach Durchmesser im entspannten Zustand). Somit sind wir jetzt tatsächlich flugbereit.

Überrascht hat mich, dass die fertige Tragfläche plus Adapter mit 440 g Gewicht etwa 50 g mehr auf die Waage bringt, als die originale Schaumfläche. Eigentlich hatte ich eine geringe Gewichtsersparnis erwartet. Ich habe zwar darauf geachtet, nicht zu schweres Balsaholz zu verwenden, jedoch nicht expliziten Leichtbau angestrebt. Die Fläche ist sehr robust. Vermutlich robuster als nötig.