Magnetisch entkuppeln

Rangieren macht mir sehr viel Spass. Mit der Hand entkuppeln hat seine Vorteile, bedeutet jedoch immer, dass die Hand Gottes (bzw. der Entkuppler Gottes) sichtbar hier eingreift. Schick wäre es, wenn sich die Kupplung sozusagen wie von Geisterhand öffnen würde. Alle meine Versuche, das Problem mit der Standard-Klauenkupplung zu lösen, verliefen nicht zufriedenstellend. Also bleibt als Alternative fast nur noch die Umrüstung auf ein Kupplungssystem, das diese Fähigkeit von Haus aus mitbringt. Von H0 bis Z verwenden amerikanische Modellbahner die Kadee-Kupplung von Micro-Trains, wohl auch darum, weil sie dem amerikanischen Original sehr nahe kommt. Für Europa (wenn man GB dazu zählt) hat die Firma Dapol ein vergleichbares System, das zudem noch deutlich günstiger ist.

Für die Tests habe ich nur fest eingebaute Magnete verwendet. Manchmal kann es notwendig werden, den Entkuppler zu deaktivieren. Dafür könnte ich den Magneten auf ein kleines Scharnier setzen und bei Bedarf nach unten weg klappen. Leider ergaben die Test nicht das erhoffte Ergebnis.

Dapol Kupplung

Die Spur-N-Fraktion im FREMO, die sich mit den britischen Bahnen beschäftigt, verwendet die Dapol-Kupplung standardmäßig anstelle der klobigen N-Klauenkupplung mit guten Erfahrungen. Kuppeln geht weicher, Entkuppeln wird per Hand gemacht, die Möglichkeit auch berührungslos zu entkuppeln wird nicht benutzt. Neben Umbausätzen, bietet Dapol die Kupplungen auch als Austausch für den NEM-Kupplungsschacht an, was sehr praktisch für den Einstieg ist. Markus hat mir freundlicherweise 4 solche Austauschkupplungen überlassen, die ich an eine gut laufende V100 und an die Enden eines 4-Teiligen Zuges aus Umbauwagen montiert habe. Damit konnten die Test beginnen. Wieso Tests? Dapol liefert als Entkuppler einen flachen Magnetstreifen, der in Höhe des Schwellenbandes eingebaut werden muss. So etwas sieht natürlich schlecht aus, funktioniert jedoch sehr betriebssicher. Ich suche nach Möglichkeiten, andere Magneten zu verwenden, die unsichtbar unter dem Gleis positioniert werden können. Nachrüsten der Magnete sollte möglich sein, ohne die Umgebung des Gleises wieder aufreißen zu müssen. Wie stark müssen die Magnete sein? Wo müssen sie hin? Wie müssen sie polarisiert sein?

Kurzer Ausflug in die Physik

Verschiedene Magnetpole ziehen sich an, gleiche stoßen sich ab. Ein Eisenkörper wird von einem Stabmagneten zu den Polen gezogen, zu welchem hängt davon ab, welcher der dichtere ist. Bringt man einen Eisenkörper genau an die Mitte eines Stabmagneten, wirkt auf ihn keine Kraft. Erst wenn der Körper ein wenig in Richtung eins der Pole verlagert wird, beginnt die Anziehung zu diesem Pol, die umso stärker wird, je dichter man dem Pol kommt.

Für unseren Entkuppler bedeutet das, dass ein Stabmagnet quer zu Gleisrichtung eingebaut werden muss. Nordpol zeigt zu der einen Seite des Gleises, Südpol zu anderen. Genau in der Mitte zwischen den Gleisen wirkt keine Magnetkraft auf einen Eisenkörper. Die Eisenbügel an den Kupplungsklauen zeigen jedoch leicht zur Seite. Damit werden sie beim Überfahren eines Magneten nach außen zum jeweiligen Pol gezogen. Alles was wir tun müssen, ist also einen 8 - 10 mm langen Magneten genau mittig unter dem Gleis platzieren, dessen Pole nach rechts und links zeigen. Alternativ kann man außermittig im Schwellenband nebeneinander zwei Magnete anbringen, mit unterschiedlichen Polen nach oben.

Varianten

Alle hier vorgestellten Varianten funktionierten mit Dapol-Austauschkupplungen zunächst auf Anhieb. Ich musste bei den Testfahrten nie von Hand eingreifen. Auch beim langsamen Überfahren des Magneten mit gezogene Wagen öffnete sich die Kupplung nie. Erst ein Anhalten über dem Magnet, lösen der Spannung durch leichtes zurück drücken, öffnet die Klauen. Später musste ich jedoch feststellen, dass ich mich zu früh gefreut hatte.

In Katzbach befindet sich unter dem Bahnsteiggleis ein Magnet, dessen Position mit dem Ende des Bahnsteigs fluchtet. Man sieht die auseinander gespreizten Klauen. Diese Variante funktionierte leider nur bei einer sehr leichtgängigen Kurzkupplungskulisse der verwendeten Reko-Personenwagen von Brava. Mit einem langen Drehgestell-Rungenwagen war kein Entkuppeln möglich.

Und das ist der Magnet unter Katzbach. Genauer, es ist ein Magnetpaket aus 5 Magneten, jeweils 2x6x10 mm, das zunächst testweise mit doppelseitigen Klebeband, befestigt wurde. Da die Anlagenplatte 5 mm dick ist und unter den Gleisen noch eine Pappe liegt, beträgt der Abstand des Magnetblocks zur Schienenoberkante etwa 10 mm. Der Abstand scheint also doch eine große Rolle zu spielen.

Der Schattenbahnhof hat eine 10 mm Deckplatte. Daher habe ich von oben eine Nut gefräst, 2 5x5x5 mm Neodym-Magnete versenkt und das Gleis wieder darüber gelegt. Sie liegen somit direkt unter dem Gleisbett mit 4 mm Abstand zu Schienenoberkante (Die gleichen Magnete auf dem Bild habe ich nur zur Demonstration hingelegt). Wahrscheinlich würden auch kleinere Magnete den Zweck erfüllen. Hier ist sicheres Entkuppeln möglich. Allerdings werden auch die Stahlachsen der Wagen von dem kräftigen Magneten angezogen, was bei leicht rollenden Wagen zu einem "Eigenleben" führt.

Auch hier eine Variante, von der ich zunächst glaubte, sie würde funktionieren. 3 Magnete (Durchmesser 2 mm, Länge 2 mm) liegen anstatt einer Schwelle im Gleis. Für gestaltete Bereiche würde man sie schwarz anmalen und mit einschottern, dann fallen sie kaum auf. Für einen Schattenbahnhof bräuchte man sie nur zwischen zwei Schwellen einkleben. Leider funktionierten sie sicherer auch nur bei den Reko-Wagen.

Das hier ist die Methode, die sich letztendlich als praktikabel erwiesen hat. Man bohre zwei Löcher in den Schwellenzwischenraum, möglichst weit an den Rand. Durchmesser 2 mm. Um wirklich eine Position weit außen zu erreichen, empfehle ich, mit 1,5 mm vorzubohren und danach mit 2 mm aufzubohren. In jedes Loch kommt eine Stange aus 5 Neodym-Magneten, Durchmesser 2 mm und 2 mm lang. Dabei ist zu beachten, dass bei einer Stange der Nordpol oben ist, bei der anderen der Südpol. Die Stange reicht bis einen halben Millimeter unter die Schwellenoberseite, lässt sich somit gut wegtarnen und ist einfach in bestehenden Gleisen nachzurüsten.
Versuche, die beiden Magnete versetzt in zwei benachbarte Schwellenlücken zu setzen, gingen negativ aus.

Die 5 Magnete als Stange.

Hier sind die Magnete auf meiner Anlage in Fleischmann-Gleis nachgerüstet. Da das Gleis hier 2 mm hoch ist, enden die Magnete auf Höhe der Schwellen. Sie müssen noch mit etwas Dreck unsichtbar gemacht werden. Ich habe bisher 3 solche Stellen im praktischen Testbetrieb auf meiner Anlage.

Ein mit der Micro-Trains-Kupplung ausgerüsteter Wagenboden eines zweiachsigen Güterwagens.

Hier sieht man, wie der Eisenbügel gekürzt und enger gebogen werden muss. Links europäisch. Rechts amerikanisch. Kürzen und Biegen muss vor (!) dem Einsetzen des Eisenbügels erfolgen. Im eingesetzten Zustand lässt er sich kaum mehr umformen.

Und so sehen zwei mit Micro-Trains gekuppelte Piko-Wagen aus.

Micro-Trains-Kupplung

Die Micro-Trains-Kupplung kuppelt sehr schön sanft an und und auch die Magnete wirken ähnlich gut wie bei der Dapol-Kupplung. Auch ein Vorentkuppeln funktioniert gut. Leider hat sie ein paar andere Nachteile. Die Kupplung kommt als Bausatz. Der Zusammenbau erfordert so einiges an Zeit und Übung. Der Eisenbügel muss für europäische Fahrzeuge stark gekürzt werden, denn die Kupplung liegt tiefer als bei amerikanischen Fahrzeugen, was die Wirksamkeit verringert. Zum Einbau der Kupplung muss die gesamte Aufnahme am Fahrzeug irreparabel geändert werden. Rückbau danach unmöglich. Bei einigen Loks, besonders bei Vorläufern von Dampfern, ist überhaupt kein Umbau möglich. Die Kupplung ist in Längsrichtung federnd gelagert, was häufig dazu führt, dass sich der rollende Zugverband aufschwingt - der sogenannte Micro-Trains-Jig. Das tritt auf bei leichter Bergabfahrt und beim Schieben einer Wagengruppe, besonders dann wenn die Wagen sehr gut rollen. Das Aufschwingen führt beim Rangieren auch dazu, dass bereits vorentkuppelte Verbindungen wieder einkuppeln - was dann ziemlich frustrierend ist.

Micro-Trains und Dapol kuppeln übrigens problemlos miteinander - natürlich nur, wenn sie auf die gleiche Höhe eingestellt sind. Es bietet sich also an, z.B. Loks mit einer Dapol-Kupplung im Normschacht einzuklipsen und die Wagen, oder nur einen Teil davon, mit Micro-Trains auszurüsten.

Fazit

Ich habe das Thema letztendlich wieder aufgegeben. Um tatsächlich die Illusion eines wie von Geisterhand entkuppelten Wagens zu erhalten, hätte das Verfahren nahezu hundertprozentig klappen müssen. Dies ist mir jedoch nicht gelungen. Zu oft mussten die Versuche wiederholt werden. Bei Dapol hängt die Trefferwahrscheinlichkeit sehr von der Kupplungsaufnahme ab. Bei Micro-Trains schnappten vorentkuppelte Verbindungen zu häufig wieder ein. Dadurch, dass die Achsen der Wagen aus Stahl sind, beeinflussen die Magnete die abgekuppelten Wagen im Nachhinein. Ich habe mich daher nicht dazu durchringen können, meinen Fahrzeugpark umzurüsten. Der Aufwand erschien mir zu hoch. Ich fahre daher immernoch mit der europäischen NEM-Klauenkupplung. Wagen werden weiterhin mit der "Hand Gottes" entkuppelt.

Zum Abschluss noch der Hinweis auf eine interessante Seite von David K. Smith mit einem Bauvorschlag für wegklappbare Magnete.

home